Wicca ist eine moderne Mysterientraditon, die viele gedankliche Vorgänger und Ahnen hat.
1899 veröffentlichte Charles Godfrey Leland das Werk „Aradia-Gospel of the witches“, in dem er die Praktiken italienischer Hexerei darlegte, wie sie ihm angeblich von „Maddalena“, einer italienischen Erbhexe, offenbart wurden. Die Anthropologin Margaret Murray veröffentlichte 1921 „The Witchcult in Western Europe“, in dem sie die vermeintliche Geschichte einer alten Tradition weiser Frauen, also eines alten Hexenkultes, darlegt und auch dessen andauernden Konflikt mit dem Christentum beschreibt.
Diese und auch die bekannten Werke von James Frazer („The Golden Bough“) und Robert von Ranke-Graves („The white Goddess“) wurden zwar von der Wissenschaft sehr kritisch betrachtet, bildeten aber die ideelle Grundlage für den modernen Hexenkult. Wurzeln des Wicca finden sich jedoch auch in der westlichen Ritualmagie, so im Rosenkreuzertum, dem O.T.O, dem Hermetic Order of the Golden Dawn und in verschiedenen älteren ritualmagischen Schriften, so zum Beispiel im „Clavicula Salomonis“.
Dieses magische Wissen wurde von Gerald B. Gardner im Hinblick auf die Wiederbelebung der vermeintlich uralten mondorientierten Religion der Muttergöttin und des gehörnten Fruchtbarkeitsgottes zusammengefügt und belebt. Er kreierte neue Rituale, die diesem Zweck dienen und ein praktizierbares System moderner Hexerei erschaffen sollten.
Den Begriff „Wicca“, der damals noch in der Schreibweise „wica“ üblich war, führte Gardner erst 1954 ein. Bekannt wurde er durch seine Werke „High Magics Aid“ (1949), „Witchcraft today“ (1954) und „The Meaning of Witchcraft“ (1959). Gardner ist laut eigener Angabe durch eine gewisse Dorothy Clutterbuck in den „New Forest Coven“ eingeweiht worden und habe so das alte Wissen um den Mondkult überliefert bekommen. Bereits während seiner Zeit als Kolonialbeamter in Malaysia kam er mit den dortigen okkulten Praktiken in Kontakt und brachte davon einiges in die neue Religion ein.
Gardners erste Hohepriesterin war Doreen Valiente, mit der er seinen Coven leitete. Sie wurde vor allem durch die Texte bekannt, die sie für Wicca schrieb und überarbeitete, darunter die sogenannte „Charge of the Goddess“. Gardners „Book of Shadows“, die grundlegende Schrift des Wicca, wurde von ihr überarbeitet; für dieses Buch der Schatten hatte Gardner unter anderem Texte von Aleister Crowley übernommen. Später trat Patricia Crowther an die Stelle Valientes, um das so entstandene „Gardnerian Wicca“ weiterzuführen.
Raymond Buckland, der von Gardners Anhängern Monique und Campbell Wilson initiiert worden war, brachte Wicca in die USA. Später gründete er eine eigene Tradition – das angelsächsisch orientierte Seax-Wicca.
Gardner, der an der Verbreitung seines Kultes im Gegensatz zu Valiente sehr interessiert war, verstarb 1964 auf einer Kreuzfahrt im Mittelmeer.
Nach Gardners Tod versuchte Alex Sanders in dessen Fußstapfen zu treten und nannte sich selbst „König der Hexen“. Mit seiner Frau Maxine gründete er die Linie des „Alexandrian Wicca“. Sanders selbst ist laut eigener Angabe von seiner Großmutter eingeweiht worden und habe von ihr das Hexenwissen erhalten. Durch Interviews und Auftritte im TV wurde er schließlich weltbekannt und zog viele Interessierte an. Auf diesem Weg vergrößerte sich die Tradition enorm und fand Anhänger aus aller Welt. Er war es auch, der Wicca nach Deutschland brachte, wobei seine Schülerin Vivianne Crowley für die nachträgliche Schulung der hiesigen Anhänger sorgte.
Heute gilt Wicca als die neopagane Strömung mit den meisten Anhängern.